August-Weygang-Gemeinschaftsschule Öhringen

12. Juni 2018

Jelena Schäfer

Hallo Herr Steffl,
kaum zu glauben, dass es jetzt schon zehn Jahre her ist, seit ich das letzte Mal in Ihrem Englisch Unterricht saß.
Ich hatte letztens eine Situation in der ich mich wieder an Sie erinnert habe, und dachte, vielleicht stehen auch Sie manchmal vor Ihren Schülern und fragen sich, was so zehn Jahre später aus Ihnen wird.

Nun, diese hier, hat über Umwege die Hochschulreife gemacht und studiert nun Internationale Soziale Arbeit. Das bedeutet, ich studiere derzeit zwei Semester lang an der Newman University in Birmingham (UK). Als ich damals bei Ihnen im Unterricht saß, war die Vorstellung aus Öhringen heraus zu kommen schon schwer genug, ganz zu schweigen davon, einmal Deutschland für mehr als einen Urlaub zu verlassen. Dass ich einmal in England landen würde, kam mir nie in den Sinn.
In Erinnerung geblieben, ist mir ein Lehrer, der seine Schüler für voll genommen hat, der über Zivilcourage, Verantwortung und vieles andere gesprochen hat.
Momentan bin ich in Birmingham in meinem Praxissemester und arbeite an einer Schule für Kinder mit Verhaltensschwierigkeiten und sehe, wie die Lehrer oft daran zweifeln, ob überhaupt irgendetwas von dem, was sie sagen, bei den Schülern hängen bleibt. Und dank Ihnen kann ich sagen: Ja! Vielleicht nicht unbedingt die Inhalte einzelner Fächer,  aber viele andere Momente, die sagen: Ich nehme dich ernst!
Vielleicht sitzen auch heute in Ihrem Unterricht Schüler, die bezweifeln, dass in Zukunft viel mehr als ein Job an der Kasse auf sie wartet, weil sie keine Realschüler oder Gymnasiasten sind, weil die Berufsberatung ihnen nur die naheliegendsten Dinge aufzeigt, weil sie realistisch bleiben sollen, oder weil zehn Jahre für sie vielleicht einfach wie eine Ewigkeit erscheinen. Lassen Sie sie wissen: Es gibt mehr, als das, was sie jetzt sehen und Ziele und Wünsche verändern sich, sobald die Pubertät aufhört einem das Gehirn zu vernebeln.
Zehn Jahre vergehen wie im Flug und plötzlich ist man nicht mehr der Werkrealschüler (oder jetzt Gemeinschaftsschüler), sondern steht selbst in einer Klasse voller Kinder mit einem unverständlichen Birminghamer Akzent und fragt sich, was in zehn Jahren wohl aus diesen Kindern wird.

Vielen Dank für alles!
Grüße aus England,
Jelena Schäfer

PS: England ist tatsächlich eine tolle Erfahrung. Schade, dass bei meinem London Besuch ausgerechnet der Big Ben renoviert wird.